Schweizerische Seilbahnfirmen
Kurzportraits der wichtigsten schweizerischen Seilbahnhersteller, in alphabetischer Reihenfolge, Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Farben in den Titeln bedeuten:
Grün: Firma noch bestehend und im Seilbahnbau tätig
Blau: Firma noch bestehend, jedoch nicht mehr im Seilbahnbau tätig
Rot: Firma nicht mehr bestehend
Bell Maschinenfabrik AG,
Kriens (1855 - 1995)
Der Begründer der Krienser Bell-Dynastie war August Bell (1814 -1870). Als gelernter Goldschmied produziert er vorerst in Luzern mit seiner Frau kunstgewerbliche Gegenstände und bezieht 1845 in Kriens neue Räumlichkeiten, denen er zehn Jahre später eigene mechanische Werkstätten angliedert (Gründungsjahr 1855). Dort spezialisiert er sich zuerst im Bau von Perrault-Flechtmaschinen und Bordürenwebstühlen. Bereits 1859 wird mit der Produktion von Wasserturbinen begonnen und ein Jahr später verlässt die erste komplette Papiermaschine die Werkstätten. 1862 baut Bell bei Mellingen seine erste grosse Eisenbahnbrücke und 1877 wird das vielseitige Fabrikationsprogramm durch die Aufnahme des Seilbahnbaues erweitert. Die erste Seilbahnanlage von Bell ist auch gleichzeitig die erste öffentliche Seilbahn in der Schweiz: Die Standseilbahn Lausanne - Ouchy. Von 1870 bis 1930 führt Sohn Theodor Bell (1840 -1933) die Firma, die nun ihre Blütezeit erreicht. Die Produktepalette weitet sich rasch aus und umfasst die Hauptzweige Turbinenbau, Stahlbau von Brücken und Hallen, Kessel- und Apparatebau, Seilbahnen und Kranbau, Papiermaschinen- und den allgemeinen Maschinenbau. Im Seilbahnbau dominieren anfänglich die Standseilbahnen, die Bell in der Schweiz und in verschiedenen anderen Ländern, wie z.B. in Frankreich, Italien, Russland, Litauen, Spanien, Portugal und Japan montiert. Dabei erweist sich Japan als der beste ausländische Abnehmer. Zwischen 1922 und 1929 werden 14 Anlagen im Land der aufgehenden Sonne erstellt. Ab 1937 ist die Firma auch auf dem Gebiet des Ski- und Sesselliftbaues (System Constam) tätig und liefert für 35 Anlagen die Antriebs- und Umlenkstationen. Nach dem zweiten Weltkrieg erwirbt Bell vom österreichischen Seilbahnkonstrukteur Georg Wallmannsberger die Lizenz für den Bau der neuartigen Gondelbahnen und erstellt als erste Firma überhaupt derartige Anlagen in der Schweiz, in Frankreich, in Kanada und in den USA. Auch Pendelbahnen gehören ins Lieferprogramm von Bell. In der Schweiz sind es die Andermatt-Gemsstockbahn, die Luftseilbahn Lungern-Turren und in Crans Montana die Luftseilbahn Cry d' Er-Bella Lui, die von dieser Firma erstellt werden. Im Jahre 1959 übernimmt Escher Wyss in Zürich die Mehrheitsbeteiligung an der Firma Bell. Nach der Fusion von Escher Wyss mit Sulzer Winterthur im Jahre 1967 werden der Seilbahnbau, der Stahlbau und die Papiermaschinenproduktion bei Bell bis ins Jahr 1971 eingestellt. 1995 schliesslich wird der Name der Firma Bell-Escher Wyss in Sulzer Hydro AG umbenannt und die Produktion auf den Turbinenbau konzentriert.
Garaventa AG, Goldau (seit
1928)
Die Anfänge der Firma Garaventa reichen zurück ins Jahr 1928, als Karl Garaventa im Auftrag der Schweizerischen Bundesbahnen zur Sicherung der Gotthardlinie seine erste Materialseilbahn am unwegsamen, bewaldeten Steilhang der Rigi-Nordseite baut. Während des zweiten Weltkrieges ist es dann vor allem die Armee, die zu den ständigen Auftraggebern gehört. Die guten Referenzen schaffen Vertrauen und steigern die Nachfrage auch von privatwirtschaftlicher Seite beträchtlich, was Karl und Willy Garaventa dazu veranlasst, die Firma Karl Garaventa's Söhne für Seilbahn- und Maschinenbau mit Sitz in Immensee zu gründen. Schon bald aber wird es auf dem Betriebsareal für die kontinuierlich wachsende Firma zu eng, so dass im Jahre 1960 nach Goldau in neue Produktions- und Verwaltungsgebäude umgezogen werden muss. 1964 entsteht mit der Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg im Appenzellerland die erste grosse, eidgenössisch konzessionierte Pendelbahn der Firma Garaventa. Mit dem Zuschlag für den Bau der 125-Personen-Pendelbahn in Squaw Valley, Kalifornien, steigt Garaventa im Jahre 1967 auch in den internationalen Seilbahnmarkt ein. 1975 wird mit den Gründungen der Tochtergesellschaften Garaventa Canada Ltd. mit Sitz in Vancouver, der Garaventa Ontario in Hamilton / Kanada und der Garaventa USA Inc. mit Sitz in Antioch die Marktpräsenz in Übersee weiter ausgebaut. 1986 übernimmt Garaventa die Firma L.+P. Küpfer in Steffisburg, die durch ihre kurvengängigen Ski- und Sessellifte bekannt wurde und sichert sich damit auch ein Standbein im Berner-Oberland. 1988 wird die Garaventa Seiltech AG gegründet, die sich auf spezielle Personen- und Materialseilbahnen konzentriert und 1989 mit der Gründung der Garaventa Italia in Soiano del Lago der europäische Markt weiter ausgebaut. Eine weitere Verstärkung der Marktposition kann im Jahre 1991 mit der Übernahme der Städeli-Lift AG, Oetwil am See, erfolgen. Dabei fallen der Firma Garaventa über 1500 Referenzen in drei Kontinenten zu. Der österreichische Markt wird 1992 mit der Gründung der Garaventa Seilbahnbau GmbH mit Sitz in Regau betreten. Diese Firma wird 1997 in Girak Garaventa GmbH umbenannt, nachdem 1996 die Beteiligung an der traditionsreichen Firma Girak in Korneuburg bei Wien erfolgte. Mit dem Zusammenschluss 1992 mit der amerikanischen Firma CTEC, die bereits seit längerer Zeit Lizenznehmerin der kuppelbaren Systeme von Garaventa ist, wird die nun Garaventa / CTEC Inc. genannte Firma mit Sitz in Salt Lake City und Sacramento zum grössten Seilbahnhersteller auf dem US-Markt. Um den schweizerischen Markt für Treppenlifte zu aktivieren, nimmt 1994 in Küssnacht am Rigi die Garaventa Liftech AG ihren Betrieb auf und im Jahre 1995 wird mit der Garaventa SA, Sion eine weitere Filiale in der Schweiz eröffnet, damit Beratung, Verkauf und Service von Garaventa-Produkten auch in der französischen Schweiz sichergestellt sind. 1999 wird in Mailand noch die Tochtergesellschaft Garaventa Coswatt s.r.l. gegründet, um die Aktivitäten im Treppenaufzugsgeschäft weiter zu verstärken. Im Jahre 2002 schliesslich erfolgt die Unterzeichnung des Fusionsvertrages mit der Firma Doppelmayr aus Wolfurt / Vorarlberg. Unter dem neuen Holdingdach mit dem Namen Ropetrans AG mit Sitz in Goldau sind Garaventa und Doppelmayr nun als grösste Seilbahnhersteller zusammen im weltweiten Seilbahnmarkt präsent. Die Produktepalette umfasst: Pendelbahnen, Gondelbahnen, Sesselbahnen, Skilifte, Gruppenumlaufbahnen, Funitel, Materialseilbahnen, Standseilbahnen, Schrägaufzüge und Treppenlifte.
Giovanola Frères
S.A., Monthey (1888 - 2005)
GMD,
Gerhard Müller Dietlikon (1947 - 1985)
Maschinenfabrik
Habegger AG, Thun (1950 - 1982)
Eisen- und
Stahlwerke Oehler AG, Aarau (1881 - 1972)
WSO, Walter Städeli
Maschinenbau, Oetwil a. See (195- - 1991)
Von Roll, Werk Bern (1894 - 1996)
Der Ursprung der Firma Von Roll geht auf auf
die 1803 gegründeten "Eisenwerke der Handelsgesellschaft der Gebrüder
Dürholz & Co." zurück, die in Gänsbrunnen einen Schmelzofen
betreiben. Der Solothurner Ratsherr Ludwig von Roll tretet 1809 in diese
Firma ein, die er 1810 zusammen mit Peter von Glutz übernimmt und in
"Ludwig von Roll & Cie." umbenennt. Nach finanziellen
Schwierigkeiten in den frühen Zwanzigerjahren gründen sie die neue
Aktiengesellschaft "Gesellschaft der Ludwig von Roll'schen Eisenwerke"
mit Sitz in Solothurn. Der ab 1825 sehr gute Geschäftsgang bei Von Roll
führt zur Errichtung weiterer Werke, so 1828 zu einer Giesserei in
Klus, 1836 zu einem Walzwerk in Gerlafingen und 1846 zu einem Hochofen
in Choindez. 1883 werden schliesslich noch die Werke in Rondez aus der
Liquidation der "Société des Forges de Vallorbe et des Rondez" und 1894
die "Maschinenfabrik Bern AG" übernommen, die um eine Giesserei
erweitert und in "Giesserei Bern" umbenannt wird.
Bereits 1883 steigt die Maschinenfabrik Bern (ab 1894 "Giesserei Bern
der Ludwig von Roll'schen Eisenwerke") in die Sparte Seilbahnbau ein.
In Territet am Genfersee entsteht die erste Standseilbahn mit
Wasserballastantrieb, die dem Unternehmen Von Roll zugeordnet werden
kann. Neben weiteren zahlreichen Standseilbahnen für das In- und Ausland, die fast im Jahresrythmus bis 1934 gebaut
werden, gehören auch Eisenbahnmaterial wie Weichen, Drehscheiben,
Zahnstangen, Rangierspille sowie Krane und Wehreinrichtungen für
Wasserkraftanlagen zum Lieferumfang der Giesserei Bern.
Einen Meilenstein im Seilbahnbau setzt Von Roll mit dem Bau des
Wetterhornaufzugs in Grindelwald, der nach Patenten des
Regierungsbaumeisters Wilhelm Feldmann (D) in den Jahren 1905-1908
entsteht und als die erste öffentliche Personenluftseilbahn der Welt
gilt, die bereits damals mit allen heute üblichen
Sicherheitseinrichtungen ausgestattet ist.
Weitere bedeutende Luftseilbahnen werden vorläufig noch in
Zusammenarbeit mit der Firma Bleichert aus Leipzig und nach deren
System gebaut: 1927 die Luftseilbahn Gerschnialp-Trübsee in Engelberg
und 1934/35 die Luftseilbahn Schwägalp-Säntis. Seither bildet der Bau
von grossen Pendelbahnen, die Von Roll von nun an in Eigenregie
erstellt, ein wichtiges Standbein für das Berner Werk. In den
Dreissigerjahren ist Von Roll zudem für kurze Zeit auch im Bau von
Schlittenseilbahnen tätig.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wird eine der grössten technischen
Errungenschaften im Seilbahnbau präsentiert: In Flims wird 1945 die
welterste kuppelbare Quersitz-Sesselbahn gebaut und erfolgreich in Betrieb
genommen. Das neue, wegweisende und leistungsfähige Seilbahnsystem (ab 1982 mit der Typenbezeichnung VR101), das
unter dem damaligen Chefkonstrukteur und späteren Direktor des Werkes
Bern, Paul Zuberbühler, entwickelt wird, erweist sich als dermassen
erfolgreich, dass Von Roll gegen 110 Anlagen dieses Systems weltweit
verkaufen kann, wobei ein Teil davon durch ausländische Firmen in
Lizenz erstellt wurden.
Der Bau von grossen Wasserkraftwerken in der Schweiz in den
Fünfzigerjahren bescherte Von Roll auch Aufträge für mehrere
Materialtransport- und Schwerlastbahnen für Umlauf- bzw. Pendelbetrieb.
Mitte der Sechzigerjahre werden zwei neue Systeme von kuppelbaren
Personen-Umlaufbahnen auf den Markt gebracht: zum einen eine neu
entwickelte Zweiseilumlaufbahn, die in der Schweiz allerdings nur ein
einziges Mal zum Einsatz kommt, und eine neue Kniehebelklemme für
Einseilgondelbahnen (VR102). Lizenzen dieser Klemme werden später an die Firma
Doppelmayr abgetreten. Um auch auf dem Markt an Skiliften und
fixgeklemmten Sesselbahnen tätig zu sein, wird 1975 die Firma Willy
Bühler in Vétroz übernommen.
Ein weitere Übernahme erfolgt 1981, als das finanziell angeschlagene
Traditionsunternehmen Habegger in Thun in die Von Roll-Gruppe
integriert wird. Durch diese Übernahme gelangt Von Roll in den Besitz
einer neuartigen Kuppelklemme für Umlaufbahnen, die kurz zuvor noch
durch Habegger lanciert wurde, die durch Von Roll weiter entwickelt wird und die sich später sehr erfolgreich
verkaufen lässt (VH400). Der Firmensitz wird von Bern nach Thun verlegt und die
Firma erst "Von Roll-Habegger"und wenige Jahre später "Von Roll Transportsysteme" genannt.
1991 bringt Von Roll in Saas Fee ein innovatives, sehr windstabiles und leistungsfähiges Bahnsystem auf
den Markt: eine Dreiseilumlaufbahn mit Grosskabinen für je 30 Personen.
Wie bei einer Pendelbahn rollen die Fahrzeuge auf zwei Tragseilen und
werden durch ein umlaufendes Zugseil bewegt. In den Stationen werden
die Kabinen vom Zugseil abgekuppelt und durch eine
Stationsfördereinrichtung langsam weiter bewegt. 1994 wird der
bestehenden Bahn eine zweite Sektion angegliedert. In diese Zeit fällt
auch der Bau der ersten Sechsersesselbahn der Schweiz in Celerina mit
Klemmen des Typs VH400.
1996 trennt sich der Von Roll-Konzern von seinem traditionellen Kerngeschäft, der
Stahlherstellung in der Schweiz. Auch der Bereich Seilbahnen wird
verkauft, und zwar an die österreichische Doppelmayr-Gruppe mit Sitz in
Wolfurt, Vorarlberg. Damit fallen jahrzehntelange Erfahrungen,
Entwicklungen und technische Errungenschaften an die Österreicher, die
damit zum grössten und erfolgreichsten Seilbahnhersteller der Welt
werden. Pendelbahnen, Standseilbahnen, 3S-Bahnen und vieles mehr werden
von Doppelmayr auch heute noch basierend auf der bewährten Von
Roll-Technik erstellt.